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Hassfurter Echo 25.5.04

 

Jetzt gibt’s sogar den „Deschner-Preis“
Festveranstaltung zum 80. Geburtstag mit hochrangigen Gästen im Alten Rathaus

HASSFURT. Es war nach der Einweihung der erste Festakt im neu hergerichteten Alten Rathaus in Haßfurt. Und es war gleich ein Paukenschlag! Ein solches Blitzlichtgewitter und dokumentarisches Festhalten durch Kameras gab es noch nie, wie am Sonntag bei der Feier des 80. Geburtstages von Dr. Karlheinz Deschner.

Auch noch nie erklang hier ein virtuoseres Spiel als das des Pianisten Igor Kamenz am Flügel mit Werken von Skrjabin und Liszt (u.a. Etude d’exe´cution transcendante Nr. 10 f-moll). Der „Titan des Klaviers“ und „Außerirdische“, wie er in der Fachwelt betitelt wird, war ohne Gage nur zu Ehren des Schriftstellers und aufklärerischen wie aufrührerischen Historikers nach Haßfurt gekommen. „Das war schon der Höhepunkt“, rief Jubilar Deschner, als ihn der Moderator des Abends, Dr. Michael Schmidt-Salomon, stellvertretender Vorsitzender der Giordano Bruno Stiftung, als Höhepunkt ankündigte.

Im Streit um Höhepunkte blieb sich Deschner treu – bescheiden. „Bin ich mit 80 so geläutert, dass ich mich feiern lasse wie einen Preisochsen?“ fragte er selbstkritisch und machte durchaus ein „egoistisches Motiv“ aus, nämlich so viele liebe Menschen noch einmal zu sehen, „die ich sonst nie mehr gesehen hätte“. Schnell aber begab er sich auf das ihm eigene Feld der philosophischen Betrachtungsweise von Willensfreiheit, dem Unterwerfen von Zwangsläufigkeiten, dem Verbrechen im Kontext zu den Gegebenheiten und dem „endlosen Arsenal der Strafe durch den Klerus“, ehe er poetisch formulierte: „Alles Fleisch wie ein Gras vergeht, wie ein Windhauch.“

Deschner scheint es zu genießen, dass er – endlich, nach langen Jahren des peinlich-verschämten Verschweigens – die Anerkennung auch einer breiteren Öffentlichkeit erhält, und nicht nur die von gleichgesinnten Wissenschaftlern und Atheisten. Ein Jungbrunnen für ihn, der ihn auch eine einstündige Gratulationscour überstehen ließ. Als die Deutsche Presse-Agentur (dpa) in Würdigung seines 80. Geburtstages schreiben wollte, dass er diesen „bei relativ guter Gesundheit“ erleben dürfe, rief er, so verriet es sein langjähriger Lektor Hermann Gieselbusch, bei dpa an und bat, das Wort „relativ“ doch zu streichen.

Tränen standen dem Jubilar in den Augen, als sein, nach dem verstorbenen Alfred Schwarz (Schweiz), zweiter Förderer und Mäzen Herbert Steffen, Unternehmer im Hunsrück, der einst Priester werden wollte, ihm die großgerahmte Urkunde der Giordano Bruno Stiftung überreichte. Ab sofort gibt es alle zwei Jahre einen „Deschner-Preis“ zu verleihen. Er ist mit 10.000 Euro dotiert. „Wissen statt Glauben“ ist die Zielrichtung des Preises. Für Deschner eine große Ehre, denn in der Regel tragen solche Preise entweder den Namen des Stifters oder einer großen Persönlichkeit posthum.

In der mit rund 150 hochrangigen Gästen aus literarischen und wissenschaftlichen Kreisen vollbesetzten Rathaushalle klangen gedämpft ausgerechnet die Kirchenglocken der nahen Stadtpfarrkirche zum Andachtsruf, als der Dortmunder Professor Dr. Herrmann-Josef Schmidt als Hauptredner zu seiner, wie er sagte, „Dankadresse“ ansetzte. In einer wahrscheinlich brillanten, aber durch professorale Kompaktheit und Eile nicht leicht aufzunehmenden Rede stellte er Deschner als „kompetentesten Christentumskritiker der Gegenwart“ dar, der die erschreckende Gegenbilanz zur üblichen Verherrlichung aufgestellt und den Jahrhunderte alten Aufklärertraum erfüllt habe. Er hoffe nur, dass die noch angestrebten Bände zur „Kriminalgeschichte des Christentums“ mit den „Ungeheuerlichkeiten des 17. bis 20. Jahrhunderts“ nicht dünner ausfallen.

Natürlich gab es auch Seitenhiebe auf Äußerungen konservativer Kreise im Vorfeld der Geburtstagsfeier. „Mag sein, dass es ein 'Affront gegen die Geistlichkeit‘ ist, aber es wäre sicher ein Affront gegen den Geist, wenn die Heimatstadt Deschner nicht ehren dürfte“, meinte Dr. Schmidt-Salomon. „Ungeheuerlich, einem Gottlosen Sekt zu servieren, anstatt ihn im Weihwasser zu ertränken“, sinnierte Deschner selbst sarkastisch über das andere Weltbild. „Ein großer Mitbürger, ich bin stolz auf Sie“, sagte ganz bewußt Landrat Rudolf Handwerker, und Bürgermeister Rudi Eck, der Deschner sich ins Goldene Buch der Stadt eintragen ließ, fügte hinzu, es sei „für die Stadt eine Verpflichtung... gerade in unserer christlichen fränkischen Heimat auch Andersdenkenden die Anerkennung ihres schriftstellerischen Daseins und Wirkens nicht zu versagen“.

Dass bei einer solchen Veranstaltung organisierte Atheisten als Wegbegleiter Deschners dabei waren, verstand sich von selbst. So wird möglicherweise in eine köstliche Anekdotensammlung Eingang finden, dass sich ein hoher Gast (nicht öffentlich) darüber mokierte, dass ihn der Bürgermeister, wie es seine Art ist, mit einem herzlichen „Grüß Gott“ begrüßte. In der mit Video-Ausschnitten angereicherten Feier war die als Satire gedachte Collage einer „Grußbotschaft des Papstes“ allerdings weder nötig, noch witzig, sondern schlichtweg peinlich. Eher ins Bild passten dagegen die Filmaufnahmen früherer Diskussionen mit geradezu grotesken Aussagen von Theologen oder die Persiflage auf den Streit von 15 Klöstern und Kirchen um die Vorhaut des beschnittenen Jesu als wahre und einzige Reliquie.

 

 

 

 

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