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Hassfurter Tagblatt, 25.5.04 In Zukunft wird ein Deschner-Preis verliehen
HASSFURT. Mit einem Sektempfang und einem vielstündigen Festakt wurde der 80. Geburtstag des Schriftstellers Karlheinz Deschner gefeiert. Zu diesem Anlass kamen Gäste aus der ganzen Welt nach Haßfurt. Im Mittelpunkt der Reden stand Kirchenkritik. Für den 80-jährigen Karlheinz Deschner war an seinem Ehrentag ganz schön Stehvermögen angesagt. Viereinhalb Stunden dauerte „sein“ Festakt, gespickt mit langen intellektuellen Reden, mit Klaviertönen, gespielt von einem Weltklassepianisten, und vor allem natürlich mit vielen Gratulationen. Deschner steckte alles locker weg, war konzentriert und schaffte es auch mit dem allerletzten Redebeitrag, zumindest seine Freunde und Anhänger noch einmal zu fesseln. Kein Wunder, sagen doch seine Biographie und seine treuesten Weggefährten aus, dass er täglich zwölf Stunden arbeitet, sieben Tage die Woche, 50 Wochen im Jahr. Die Meriten, die er erworben hatte, waren in einem kleinen Büchlein nachzulesen. Sein Verlag Rowohlt hatte zu seinem 80. Geburtstag, verbunden mit dem Erscheinen des 8. Bandes seiner großen „Kriminalgeschichte des Christentums“, ein 100-seitiges Nachschlagewerk herausgebracht. Herausgegeben wurde es von seinem langjährigen Lektor Hermann Gieselbusch, dem wohl besten Deschner-Kenner, der jede Zeile des Schriftstellers nicht nur einmal, sondern mehrmals gelesen hat. Leben, Werke, Würdigungen des schärfsten Religions- und Kirchenkritikers unserer Zeit, betitelte Geiselbusch das Buch. Der Festakt für den Kirchenkritiker wurde zur Feuerprobe für das neue „Alte ehrwürdige Rathaus“. In friedlicher Eintracht stehen sich Rathaus und Stadtpfarrkirche gegenüber, hatte Stadtpfarrer Reinhold Schmitt noch vor gut acht Wochen bei der Eröffnung festgestellt. Doch diese Eintracht war am Sonntagabend nicht zu spüren. Vor allem in den Grußworten stand die Kritik an der Kirche im Mittelpunkt. Die Veranstaltung war zweigeteilt. Der Sektempfang im Trausaal
wurde anlässlich des Geburtstages von der Stadt Haßfurt ausgerichtet
und mit der Eintragung ins Goldene Buch der Stadt verknüpft. Hier
gab es auch die Gratulationscour für Karlheinz Deschner. Dieser musste
viele Hände schütteln und kleine Geschenke entgegen nehmen.
Das Festprogramm war vom persönlichen Freund und Mäzen Herbert Steffen organisiert. Veranstalter war die Giordano-Bruno-Stiftung. Diese zeigte auch für die Einladung verantwortlich. Gekommen waren nahezu 160 Gäste, wobei auf die Stadt und den Landkreis nur 25 Einladungen entfielen. Nicht nur national aus ganz Deutschland, sondern auch international aus China und Italien waren Freunde und Geisteskollegen von Deschner erschienen. Die große Markthalle, technisch ausgestattet mit Leinwand und Beamer, künstlerisch vorbereitet mit einem Flügel, war stimmungsvolle Hülle für den mehr als dreistündigen Festakt. Igor Kamenz, ein ehemaliges musikalisches Wunderkind aus Russland, der schon vor Staatsoberhäuptern spielte, erwies Karlheinz Deschner zum Geburtstag seine gebührende Ehre. Kamenz, ein Bewunderer von Deschner, spielte ohne Gage. Seine musikalischen Zwischenspiele waren ein Höhepunkt der Veranstaltung. Mit frischer, jugendlicher Sprache führte Dr. Michael Schmidt-Salomon, [stellvertretender] Vorstandsvorsitzender der Giordano Bruno Stiftung, durch das Programm. Er stellte fest: „Niemand musste gebeten werden, Grußworte zu sprechen, hätte man geworben, wäre der Festakt zu Deschner-Tagen geworden.“ Auch bei der Einladung der Gäste hätte sich die Stiftung beschränken müssen. In Deutschland gebe es selten so[lch eine Ansammlung] religionskritische[r] Intelligenz, wie sie an diesem Tage in Haßfurt vertreten war. Schmidt-Salomon dankte der Stadt, dass sie trotz des öffentlichen Aufruhrs im Vorfeld zu der Veranstaltung stand. Deschner sei für die Kirche ein ärgerlicher, schmerzlicher Stachel, der um Aufklärung bemüht sei. „Wer die Welt erhellt, macht ihren Dreck deutlich“ – mit diesen Worten startete der Moderator den ersten Teil einer künstlerischen Deschner-Collage „Aphorismen“ von Ricarda Hinz und Jacques Tilly. Harte Worte vor einer brennenden Leinwand mit Momentaufnahmen wie: „Beim Wort Revolution erstarrt Deutschland, bei der Mobilmachung wird es lebendig“ oder „Wenn die Affen katholisch würden und der Kirche nützten, ich bin sicher, sie spräche einige heilig. Aber haben wir denn diesen Fall nicht schon?“ Im weiteren Verlauf gab es noch das überraschende,
nicht im Programm aufgeführte „Grußwort“ des Papstes
in Bild und Ton und zum Abschluss die Deschner-Collage II: Aus der Sexualgeschichte
des Christentums. „Die hasserfüllten Augen des Herrn Deschner“
hieß der Ausschnitt aus einem gleichnamigen Video. Nicht alle klatschten
nach diesen Beiträgen.
German Schneider
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