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Leseprobe / Vorwort des Autors zur Neuauflage 1986

Der Titel «Das Christentum im Urteil seiner Gegner» erscheint nicht zum erstenmal. 1969 verlegte Limes, Wiesbaden einen ersten, 1971 einen zweiten Band, beide seit Jahren vergriffen. Das Fehlen keiner der von mir herausgegebenen anderen Anthologien bedauerte ich so, lag und liegt doch damit ein in seiner Art wirklich singuläres Buch vor, «eine Fülle von Originaltexten, die bis heute schwer zugänglich sind. Eine Grundlage zu einer längstfälligen Auseinandersetzung», wie selbst das österreichische reformierte Kirchenblatt schrieb. So war ich erfreut, als der von Wolfgang Schuler geleitete Verlag Max Hueber eine Neuausgabe dieses Werkes beschloß.

Die Conditio sine qua non war allerdings eine rigorose Kürzung, das Zusammenfassen beider Bände in nunmehr einem Band, wobei die Last - und schließlich Lust - des Streichens mir allein oblag. Von 49 Porträts der Erstausgabe entfielen zwölf ganz, drei Kritiker des 19., neun des 20. Jahrhunderts; hatten die entscheidende Pionierarbeit doch schon die Männer der historischen Aufklärung geleistet. Abgesehen von dem Beitrag über Darwin wurden sämtliche Texte gekürzt, doch meistens nicht die Einführungen (inzwischen Überholtes darin wurde berichtigt), sondern die Werkauswahl. Neue Zitateinschübe erfolgten hier (jeweils durch den Herausgeber) nur bei Panizza, Theodor Lessing und, geringfügig, bei Hebbel. Auf Wunsch des Verlags erweiterte ich das Rilke-Porträt meines verstorbenen Freundes Jens Bjorneboe auf knapp das Doppelte. Ganz neu schrieb ich auf eigenen Wunsch das Porträt Kaiser Julians, mir insofern schon vertraut, als ich seit Jahren beinah ausschließlich mit dem 4. Jahrhundert beschäftigt bin, Hauptthema des ersten Bandes meiner mehrbändigen Kriminalgeschichte des Christentums.

Ich habe mir das Kürzen nicht leichtgemacht, erst nach der vierten Durchsicht alles auf das erforderliche Maß reduziert. Und so ungern ich zunächst strich, allmählich wurde fast eine - vorsichtig betriebene - Leidenschaft daraus. Gewiß hätte ich, seit langem auf weitere große Christengegner hingewiesen oder selber gestoßen, den beiden ersten Bänden noch einen dritten, vierten Band anreihen können, denn zum Glück (und logischerweise) herrscht, zumindest seit dem Verlöschen der Scheiterhaufen und ähnlicher Erleuchtungsmittel, an namhaften Antichristen kein Mangel. Doch ist diese gekürzte, komprimierte Fassung wesentlicher sowohl als auch übersichtlicher, somit noch besser lesbar als die alte. Und gerade die noch sorgsamere, triftigere zweite Auswahl von Urteilen und Verurteilungen aus dem Schaffen der markantesten Antagonisten des Christentums läßt mich hoffen, daß das neue Unternehmen, für das ich den Mitarbeitern wieder danke - den schon allzu zahlreichen toten über die große Grenze hinweg-, ein Lese- und Nachschlagwerk, ein Leitfaden für lange und viele werden möge, ein geistiges Kampfmittel nicht zuletzt der wahren Humanität gegen das, was mit Bestialität so schief und schwach nur zu umschreiben ist.

Keinesfalls bin ich, wie meine Gegner verbreiten, so primitiv zu glauben, an allem Übel der Welt sei nur das Christentum schuld. Ich weiß nicht einmal, ob die Welt, wie sehr ich es ihr wünsche, dereinst besser sein wird ohne Christentum; denn auch Religionen sind nur eine Frage des Datums. Aber das weiß ich, lehrt es doch die Geschichte, dieser sicherste Beweis für die falsche Erziehung der Menschheit, durch zwei Jahrtausende: Mit dem Christentum kann die Welt nicht besser werden! Es stört nicht nur, wie Voltaire höhnt, die Verdauung - es stört alles. Und selbst wenn die kirchliche Führung samt Gefolgschaft ethisch sich völlig wandelte, ein sehr utopischer Gedanke: Ihre Dogmatik bliebe verlogen. Eine auf unwahren Fundamenten fußende Religion aber kann keine ethisch denkende und handelnde Gemeinschaft bilden. Wo Klerus herrscht, hat Kreuz kein Ende.

Im März 1986 K. D.

 

Das Christentum im
Urteil seiner Gegner

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