> Werk > Kirchenkritik > Kriminalgeschichte des Christentums > Band 6 > Pressestimmen

 
         
 

Pressestimmen

 

Nein, so geht das wirklich nicht: daß da einer, und das seit vierzig Jahren, die kirchliche "Heilsgeschichte" als "Kriminalgeschichte" beschreibt, daß er die segensreiche Einheit von Kreuz und Schwert als Mord - und Mörder-Bande vorführt, daß er fromme Schlachtenlenker wie etwa Konstantin und Karl den Großen erbarmungslos tatsachenverhaftet schlichtweg "Schlächter" nennt. Fürwahr - das Abendland wankt in den Grundfesten seiner gottgefälligen Lebenslügen, wenn Karlheinz Deschner ein weiteres Buch mit kriminalistischen Enthüllungen kirchlicher Kriegskunst und Machtentfaltung vorlegt - nunmehr den sechsten Band seiner auf zehn Bände geplanten "Kriminalgeschichte des Christentums", die seit 1986 im Rowohlt - Verlag erscheint.

Das Schlimme, für manchen betroffenen Kritiker schier Diabolische an diesem Autor ist ja, daß der "obsessivste" und kenntnisreichste Kirchenkritiker der deutschen Nachkriegspublizistik nicht einfach drauflos polemisiert, daß er sich an Gründlichkeit vielmehr von keinem der offiziellen Siegelbewahrer übertreffen läßt. Deren nicht nur gelegentliche Verfälschungen und Unterschlagungen – die freilich stets dem höheren Zweck, dem großen Ganzen dienen – legt der von frommen Gegnern schon mal pathologischer Faktenwut bezichtigte, lästige Historien-Detektiv mit dokumentierbaren, also letztlich profanen, Fakten bloß. Wie ein penibler Ausgräber harkt er das Gras des gnädigen Vergessens und Verluderns hinweg, das doch über die Geschichte längst gewachsen ist.

Und statt neuer schöner Devotionalien, die sich in einem Glorienmuseum des Christentums gut ausstellen ließen, fördert dieser kriminalistische Archäologe einfach nur die krude, desillusionierende Wirklichkeit zutage, die andere lieber weiter unter generationenlang aufgetürmten Schichten gefälliger Legenden und bequem einverständigen Schweigens verbergen würden. So sah ihn der katholische „Rheinische Merkur“ denn auch wie den Gehilfen Frankensteins "monomanisch wühlend auf den Friedhöfen der Kirchengeschichte" – wobei dem frommen Blatt in seinem Eifer der fatale Doppelsinn seiner bildhaften Denunziation wohl kaum aufgefallen sein dürfte.

So zeugt auch der eben neu erschienene Folgeband seiner "Kriminalgeschichte des Christentums" - an sich schon ein "ungehöriger" Titel, wie ein Professor der Kirchengeschichte befand - von der "Verbissenheit" des "Spürhundes", ein Attribut, das der "Rheinische Merkur" 1986 aus Anlaß des 1. Bandes der "Kriminalgeschichte" als Vorwurf gegen den Autor schleuderte, das ihm aber in Wahrheit zur Ehre gereicht.

Dieser, der sechste, Band des Deschnerschen opus summum, umfaßt, so der Untertitel, "das 11. und 12. Jahrhundert", konkret, den Zeitraum von 1002, beginnend mit Kaiser Heinrich II., dem "letzten Ottonen", bis 1192, zu Ende des Dritten Kreuzzuges. Darin enthalten: Die Epoche der Salier-Kaiser, die Ära der schier an die Borgias gemahnenden Päpste aus der Sippe der Grafen von Tusculum, der sprichwörtliche Canossa-Gang Kaiser Heinrichs IV.und seine Unterwerfung unter Papst Gregor VII., den "heiligen Satan", wie ihn Zeitgenossen nannten, das Kaisertum des ebenso sprichwörtlichen Friedrich I., genannt "Barbarossa", das Treiben der Päpste und Gegenpäpste - und ganz zentral: Beginn und Höhepunkt der Kreuzzugs-Epoche.

Das Motiv "Kreuzzug", der mit angeblich gottgewollten Zwecken gerechtfertigte "heilige Krieg", besser: die "Heiligung" des Unheilvollsten, was Menschen tun und anderen antun können, durch die "heilige Kirche", ist für Deschner ohnehin der Dreh-und Angelpunkt der Kirchengeschichte überhaupt, also der "Kriminalgeschichte des Christentums". "Die Kreuzzüge des Christentums, der faktisch kriegerischsten Religion, durchdauern schon zwei Jahrtausende", schreibt der Autor denn auch zu Beginn des Kreuzzugs-Kapitels und faßt damit im Grunde die Essenz der bisher sechs Bände seines Hauptwerkes zusammen.

Von der Idee, das "heilige Land" den "Ungläubigen" zu entreißen und natürlich den eigenen Glauben und nebenbei die eigene Macht weltweit zu verbreiten, war das "christliche Abendland" über Jahrhunderte hinweg schier besessen, und noch die späten Nachfahren der mittelalterlichen Kreuzzugs - prediger, die deutschen Bischöfe der Nazizeit, verklärten Hitlers Überfall auf die Sowjetunion als "Kreuzzug" gegen den satanischen Bolschewismus.

Die "eigentlichen" Kreuzzüge durchzogen das gesamte "Hochmittelalter", vom 1. Kreuzzug, den 1096 Pupst Urban II. proklamierte, bis zum 7.-offiziellen- Kreuzzug 1270. Kreuzzüge der Ritter, der Fürsten, der Bauern, Königskreuz-züge und Volkskreuzzüge, ein ganz besonders schrecklicher und tragischer der Kinder sogar: der Kreuzzugswahn erfaßte alle Schichten und Stände, und Prediger und Priester, Bischöfe und Päpste riefen auf und hetzten auf, trieben an und stachelten an, für paradiesisches Glück und -nicht zuletzt- irdischen Lohn.

"Sündenvergebung und reiche Beute" verhieß Pontifex Urban II. bei der Ausrufung des 1.Kreuzzuges 1096 in Clermont denen, die sich an dem heiligen Beginnen beteiligen würden, und so galt die Einladung des Stellvertreters Christi, "Soldaten des Herrn" zu werden, ausdrücklich auch allen Räubern und Totschlägern. Beim von Angst und Hunger gleichermaßen geplagten Christen-volk im armseligen und kriegszerrissenen Europa fiel die Heilsbotschaft auf fruchtbaren Boden, Unheil bedeutete sie aber zu allererst für die Juden zumal in Deutschland. Denn quasi am Wegesrand des gottgefälligen Kriegszugs gen Jeru-salem erschlugen die Kreuzfahrer, berauscht vom "Blute Christi", das es den Hetzreden ihrer Prediger zufolge an den "Gottesmördern" zu "rächen" galt, Abertausende von Juden, soweit diese nicht vor den frommen Mörderbanden selber in den Tod geflohen waren.

"In Deutschland beginnen die Judenmassaker - frühe Präludien der Nazizeit" - so beschreibt und wertet Deschner diese Pogrome. Und in der Tat: Daß der christliche, kirchlich angestachelte, Judenhaß eine kulturgeschichtliche Prämisse des modernen Antisemitismus war, daß er dessen ideologische und psycholo-gische Fundamente gelegt hat, können selbst Apologeten heute kaum noch ernsthaft bestreiten.

Nein, daß all dies doch Schnee von gestern und daß es schier irrational sei, sich so über die, wenn auch neuerdings sogar zugegegebenen, Untaten einer versun-kenen Epoche zu empören, daß man zu einer gelassen historisierenden Distanz finden solle, solche letzten Rückzugsargumente der Abwiegler läßt Deschner nicht gelten. Er fordert für die Opfer der Vergangenheit die gleiche Achtung und Beachtung wie für die der Gegenwart – zumal ja, wie er in seinem Werk auch ständig zeigt, das scheinbar Vergangene so vergangen nicht ist.

Karlheinz Deschner "plädiert für das Recht aller auf Fortleben", sagte der Münsteraner Kirchenhistoriker Horst Herrmann über den Autor. Und: "Deschner verleiht Verfolgten, Verscharrten, Vergeßnen seine Stimme. Er ... stellt über Jahrhunderte hinweg Solidarität her zwischen den Opfern und uns, die wir erst durch ihn von jenen erfahren."

 

Hans-Detlev v. Kirchbach, WDR

 

Bitte vergleichen Sie hierzu auch die Pressestimmen zur «Kriminalgeschichte des Christentums» insgesamt.


 

Kriminalgeschichte
des Christentums

Band 6
Pressestimmen

siehe auch:
- Kurzbeschreibung
- Inhaltsverzeichnis
- Leseprobe
- Ausgaben / Bezugsquelle
- Pressestimmen
- Leserstimmen

Pressestimmen zu
- Band 1
- Band 2
- Band 3
- Band 4
- Band 5
- Band 6
- Band 7
- Gesamtausgabe

 

       
           
 

<< zurück

drucken

 

 
 
 
 

Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am 18.06.2004 - Änderungen vorbehalten -